Reicharts Erben. Exponat und Nachricht aus der Sammlung des Deutschen Gartenbaumuseums

Wir präsentieren jeden Monat Christian Reicharts außergewöhnliches Wirken und sein Erbe mit einem besonderen historischen Exponat in der Dauerausstellung. Entdecken Sie seltene Schätze und spannende Geschichten aus unserer Museumssammlung.
Christian Reicharts Samenkabinett, Nachbildung 1988; Sammlung des DGM: Inv.-Nr. 664
Der Samenschrank von Christian Reichart aus dem Jahr 1759, heute im Stadtmuseum Erfurt, ist ein herausragendes Beispiel für die Verschmelzung von Ästhetik und Wissenschaft im 18. Jahrhundert. Als autodidaktischer Gartenexperte entwickelte Reichart diesen Schrank nicht nur als praktisches Aufbewahrungsobjekt, sondern als ein didaktisches Werkzeug, das botanisches Wissen anschaulich und systematisch vermittelte. Besonders bemerkenswert ist die kunstvolle Verzierung des Schranks: Echte Samen wurden verwendet, um das Wappen des Kurfürstentums Mainz nachzubilden, und auf den Türen finden sich symbolische Darstellungen von Gelehrten und Gärtnern. Reichart ging bei der Sammlung und Katalogisierung seiner Samen mit großer Sorgfalt vor. Die Schubladen des Schranks sind nummeriert und bieten Platz für eine Vielzahl von Samenarten, die nach ihrer äußeren Form und nicht nur nach botanischen Kriterien geordnet sind. Diese Anordnung verleiht dem Schrank eine besondere ästhetische Tiefe, die das Staunen über die natürliche Welt anregen sollte, während er gleichzeitig als praktisches Lehrmittel diente. Reicharts Samenschrank illustriert die Veränderung von der „Wunderkammer“ der Frühen Neuzeit zu einer präzisen geordneten wissenschaftlichen Sammlung und spiegelt damit den Wandel in den Sammlungspraktiken des 18. Jahrhunderts wider: Vom Staunen und Erstaunen hin zur sachlichen und gleichzeitig sinnlich erlebbaren Präsentation.